Wie spricht man eigentlich Leute an?

„Du gehst zu Leuten hin und quatschst die einfach an?“
„Hast du keine Angst, dass mal einer nicht mit dir reden will?“
„Wen sprichst du denn an? Hast du ein Raster oder wie läuft das ab?“

Seit acht Jahren agiere ich aktiv in Unternehmernetzwerken. Aus all den Veranstaltungen und Networking-Seminaren habe ich eines gelernt: Jeder Plan scheitert, wenn du nicht weißt, wie du mit Leuten sprichst. Das Rhetorische kannst du lernen. Doch der Schritt davor, das Ansprechen des Wunschkontaktes, ist ein besonderer Punkt. Diesem widmen wir uns im folgenden Artikel.

 

Nicht gesprochen habt ihr schon.

Viele Menschen, auch jene, die vor (scheinbarer) Selbstsicherheit strotzen, werden unsicher, sobald es um das Ansprechen Fremder geht. Fragt man nach den bestehenden Befürchtungen, bewegen sich die Antworten irgendwo zwischen einem von Schulterzucken begleitetem Kichern und „Ich habe Angst, dass die nicht mit mir reden wollen.“

Verdeutliche dir bitte drei Dinge:

  1. Nicht gesprochen habt ihr schon. Da du mit anderen in Kontakt treten möchtest, bleibt nur die
    „Flucht nach vorn“.
  2. Das schlimmste, was passieren kann, ist das Abebben des Gesprächs. Du wirst nicht bloßgestellt, nicht beleidigt, nicht geschlagen. Nichts. Man hat sich im schlimmsten Fall nichts zu erzählen.
    (Das ist extrem positiv, denn damit scheidet eine „Niete“ aus dem „Netzwerklostopf“ aus.)
  3. Die meisten Personen, die auf Netzwerkveranstaltungen gehen, wollen(!) angesprochen werden, damit sie selbst niemanden ansprechen müssen.

Vielen Menschen geht es ähnlich: Die Scham, andere anzusprechen oder die Frage nach dem
„Was soll ich nur sagen?“, hemmt. Sei dir bitte der Tatsache(!) bewusst, dass Aufregung etwas
Gutes ist. Du darfst Nervosität zulassen. Im Gegenzug: Nichts ist schlimmer als von jemandem
angesprochen zu werden, der seine Anspannung durch seltsame Witze oder gespielte Selbstsicherheit zu verbergen versucht. Das wirkt nicht authentisch und im Extremfall arrogant bis lächerlich.

 

Die Auswahl des Gesprächspartners

Es gibt zwei Wege, um Gesprächspartner auszuwählen:

  1. Du weißt aufgrund irgendeiner Interessentenliste (z. B. auf Facebook), wer auf der Veranstaltung sein wird. Suche dir die für dich relevanten Kontakte heraus, besuche deren Websites und recherchiere mögliche Gesprächsthemen. Auf dem Event muss die Person nur noch gefunden werden.
  2. Du schaust dir die Leute im Raum an und beantwortest dir folgende Fragen:

Wer sieht sympathisch aus?
Über wen möchte ich gern mehr erfahren?
Wer lächelt mich an?
Wer steht mit jemandem zusammen, den ich kenne, sodass uns der/die gemeinsame Bekannte einander vorstellen kann?

 

„Es geht darum, sich nett zu unterhalten. Wer beim Netzwerken versucht, etwas zu
verkaufen, scheitert noch vor der Übergabe der Visitenkarten.“

 

Netzwerken passiert überall und ist eine Frage des Mindsets. Gehe davon aus, dass du dich mit
neuen Leuten über das Leben unterhältst (bestenfalls über deren Leben). Wichtig ist zu verstehen, dass Netzwerken eine Art Marketing ist und kein Vertrieb. — Wer beim Netzwerken versucht, etwas zu verkaufen, scheitert noch vor der Übergabe der Visitenkarten.

 

Die Ansprache eines Neukontaktes

Wie beim Flirten gilt auch hierbei: Keine Sprüche, Witze oder vorschnelle Ice-Breaker. Das erste, was du sagst, ist: „Hallo!“, gepaart mit einem freundlichen Lächeln.

Jetzt folgen drei Optionen:

  1. (Die Zielperson ist im Gespräch oder isst gerade etwas) „Darf ich mich dazustellen/-setzen?“
  2. (Die Zielperson tippt am Handy) „Darf ich dich/Sie stören?“ (Die Frage dient nur zur höflichen Ablenkung. Du störst ja bereits, indem du fragst.)
  3. (Die Zielperson schaut in der Runde herum) „Mein Name ist … . Wie heißt du/ heißen Sie?“

Sollten die Optionen 1 oder 2 zutreffen, reagierst du entsprechend. Option 3 wird im Anschluss daran nachgeschoben. Das heißt, das Ansprechen des Gegenübers beinhaltet immer ein „Mein Name ist … . Wie heißt du/ heißen Sie?“

Ganz gleich, was jetzt passiert: Alles ist gut! Meiner Erfahrung nach verteilt sich das Reaktionsmuster der angesprochenen Personen folgend:

80% sind freundlich und reagieren offen.
18% checken dich ab, sind verhalten, aber nicht abgeneigt.
2% kannst du (momentan) vergessen. Die wollen (jetzt) nicht (mit dir) sprechen. Hierbei lohnt es sich, die Person im Blick zu haben. Eventuell ergibt sich nochmal eine Möglichkeit.

 

Gesprächsaufbau

Die erste Hürde ist genommen. Es folgt ein (bestenfalls) angenehmes Miteinander. Hierzu sollten Fragen nach dem Business des anderen, nach gemeinsamen Kontakten usw. nicht fehlen. Edwin hat hierzu einen wertvollen Artikel geschrieben, in dem Ice-Breaker, Fragestellungen sowie Vor- und Nachbereitungshinweise enthalten sind.

Wichtig: Bitte beginne nicht „drauflos zu quasseln“ á la: „Hallo, ich bin Ralf, ich bin Ghostwriter und Texter, ich schreibe Bücher, Blogartikel und erstelle Arbeitsmaterialien für Seminare anhand deren Planung; ab und an werde ich als Redner für eben diese Themen gebucht…. Blaaaaaa“. — Das will keiner wissen. Menschen möchten etwas erzählen dürfen. Gib Ihnen die Chance, indem du angenehme Fragen stellst, zuhörst und er daraufhin etwas von sich erzählt.

Ich wünsche dir viel Mut und Spaß beim Ausprobieren. Kommentiere gern und besuche mich
unter www.sprachetrifftpsyche.de.