Wenn man an Telefonakquise denkt, kommen einem Filmszenen wie „Glengarry Glen Ross“ oder „The Wolf of Wall Street“ in den Sinn. Abgeklärte Verkäufer, die den naiven Opfern am anderen Ende der Leitung Krempel über das Telefon verkaufen. Jeden Satz und jeden Einwand haben sie hunderte Male geprobt und tausende Male gehört. Nach einem „Nein“ wird der nächste Lead angerufen und noch leidenschaftlicher überzeugt, um am Ende des Tages die beste Quote, die meisten Abschlüsse und den größten Bonus zu bekommen.

Als Selbstständiger oder junger Unternehmer hingegen graut es einem vor dem Griff zum Hörer. Man hat das Gefühl, man sei meilenweit von diesem optimalen Verkäufer entfernt. Dann hat man schon seinen ganzen Mut zusammengenommen, um einen potenziellen Kunden anzurufen. Mitten im einstudierten Skript kommt das „Kein Bedarf!“ des Gesprächspartners und man hat eine Woche an dieser Ablehnung zu knabbern.

Die Telefonakquise

Es scheint ein Übel zu sein, an dem man nicht vorbeizukommen scheint: die Telefonakquise. Doch was unterscheidet die Telefonakquise von anderen Formen des Vertriebs?

Wie es der Name schon vermuten lässt, spricht man von telefonischer Kaltakquise, wenn über das Telefon potenzielle Kunden angesprochen werden. Es verbindet also drei unangenehme Aspekte:

In diesem Beitrag geht es um genau diese drei Schritte in der Telefonakquise. Fangen wir mit der Annahme an, dass Vertrieb, wie in den Szenen oben, nicht mehr in derselben Art funktioniert. Sowohl im B2B, als auch im B2C Umfeld hat die Demokratisierung von Informationen die Funktion eines Vertrieblers stark gewandelt.

Anstatt als einzige Quelle von Informationen und Lösungen zu fungieren, muss man sich nun mit dem spezifizierten Bedarf befassen und eine Beziehung aufbauen. Das funktioniert nicht, wenn die erste Gesprächsminute zum Monolog wird und der potentielle Kunde nicht mal zu Wort kommt.

Wir halten fest, dass Telefonakquise kein Verkaufen, sondern ein Qualifizieren ist. Im ersten Schritt lernt man die Person, der man etwas verkaufen möchte, kennen. Anschließend prüft man den Bedarf und qualifiziert sich selbst, indem man kurz und bündig seine Leistungen und seine bisherigen Referenzen präsentiert.

Noch vor der Telefonakquise: Die Leadrecherche

Auch wenn der Angerufene das eigene Unternehmen noch gar nicht kennt, muss das nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Aus der Webseite und Social Media Kanälen kann man eine gute Basis an Informationen ziehen. Dabei sollte schon im Vorfeld klar sein, warum man gerade das Unternehmen ansprechen möchte. Hat man bereits mit anderen aus dieser Branche erfolgreich zusammengearbeitet? War aus der Zielgruppenanalyse ersichtlich, dass genau diese Branche oder Region einen Bedarf hat? Diese Fragen für einen selbst zu beantworten, hilft im Anschluss auch in der Ansprache, wenn die Person schließlich fragt, worum es denn eigentlich geht.

In der Recherchephase sollte mindestens der richtige Ansprechpartner gefunden werden, um sich nicht durch mehrere Abteilungen telefonieren zu müssen. Umso besser, wenn man gleich die persönliche Rufnummer und E-Mail-Adresse herausbekommt. Man merkt als angerufener sofort, ob sich die Person am anderen Ende der Leitung auf einen vorbereitet hat. Das nimmt auch als Empfänger des Kaltanrufs das unangenehme Gefühl, nur ein Eintrag in einer Liste zu sein.

Die Telefonakquise selbst: Der Pitch

Ist die Recherche abgeschlossen, geht es an die Überlegung, wie und was man denn nun eigentlich verkaufen will. Der erste Anruf soll darauf hinauslaufen, einen Termin zu vereinbaren. Auf Rückfragen sollte man allerdings dennoch vorbereitet sein. Man sollte wenigen Worten nicht nur beantworten, wie das eigene Produkt funktioniert, sondern auch, was es dem Kunden bringen soll.

Ein Telefongespräch hat, wie ein gutes Buch, einen Anfang, Mittelteil und Schluss oder: Vorstellung, Qualifizierung und Ergebnis. Die Vorstellung ist schnell abgehandelt, denn sie umschließt den eigenen Namen und den Namen des Unternehmens (oder als Selbstständiger die Berufsbezeichnung).

Bei der Qualifizierung hingegen können sich die Gespräche stark unterscheiden, je nach dem Schwerpunkt und dem Bedarf, den der Angerufene hat. In der einfachsten Version kann man natürlich einfach fragen, ob gerade Interesse am eigenen Produkt besteht und bei positiver Rückmeldung in die eigene Qualifizierung gehen, Referenzkunden nennen und im Ergebnis bereits einen Termin vereinbaren.

Fortgeschrittener wird es hingegen, wenn man auf die Erfahrung des Interessenten mit Produkten aus dem eigenen Markt eingeht und herausfindet, welche Anforderungen bestehen und was ihm wichtig ist. Faktoren können sein: Zeitersparnis, Kundensupport, Regionalität, Innovationsgrad oder der Preis. Zu den jeweiligen Bereichen führt man dann aus, inwiefern das eigene Produkt den Anforderungen gerecht wird.

Wichtig hier: Es kann auch disqualifizierende Faktoren geben, wenn bspw. etwa die Preisvorstellungen zu stark auseinander liegen oder der Bedarf nicht mit den Leistungen übereinstimmt. In diesem Fall kann es sogar ratsam sein, dies auch so zu kommunizieren und entweder einen Alternativvorschlag vorzubringen oder das Gespräch an dieser Stelle zu beenden.

Ruhe und Kompetenz am Telefon ausstrahlen

Im vorherigen Abschnitt haben wir bereits alle relevanten Punkte zum Inhalt besprochen.  Kommen wir also in diesem hier zu den weicheren Faktoren. Für manch einen ist das Telefonieren an sich schon die Herausforderung, bevor im nächsten Gedanken Ansprache oder Qualifizierung kommen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass man sich mit schlechter Aussprache oder übermäßig vielen Füllwörtern auch einen guten Kontakt verreißen kann.

Sich nicht gegenüber zu sitzen heißt, dass man nicht auf Mimik oder Gestik bauen kann. Kompetenz, Ruhe und Überzeugung kann nur mit der Stimme ausgedrückt werden. Achte auf eine tiefe, ausgeglichene und ruhige Atmung zwischen den Sätzen. Man kann auch im Telefongespräch eine Pause einlegen und nochmal durchatmen. Eine ruhige Stimme und deutliche Aussprache zeugen von Professionalität und signalisieren Kompetenz.

Man muss sich auch immer wieder vor Augen führen, warum man denn gerade jemanden anruft. Die eigene Überzeugung, dass Problem „A“ den Geschäftsführer hunderte Stunden an Zeit oder tausende von Euro pro Jahr kostet und man selbst die Lösung des Problems anbieten kann, ist als Grundeinstellung dutzende Male besser als „Ich habe eine Quote zu erfüllen und muss diesen Kontakten jetzt mein Skript um die Ohren hauen.“

Wenn man diese Punkte beherzigt, wird einem die Telefonakquise nach einiger Zeit sogar Spaß machen. Genau ab diesem Zeitpunkt ist es auch für das eigene Unternehmen lohnenswert. Egal, ob man jetzt die Wunderwaffe für ein Problem anbietet oder nicht. Telefonakquise ist ein Ausdauersport und es kann passieren, dass der erste Abschluss zwischen dir und dutzenden von Telefonaten steht. Also ran ans Werk!

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